Schmerz

SCHMERZ

Wütend knallte ich die Tür hinter mir zu. Verdutzt stand Sariera, die Haushaltsfrau, vor mir und blickte mich besorgt an.
 
»Vanessa… «
 
»ICH WILL JETZT NICHT REDEN!«, fuhr ich sie schreiend an und wendete ihr meinen Rücken zu.
 
»Schon gut..«, murmelte sie mit einem verletzten Unterton.
 
Sehr gut, jetzt hatte ich sie auch noch verletzt. Noch mehr, konnte heute wirklich nicht mehr schief gehen.
 
Ich raste die Treppe hinauf, als wäre der Teufel persönlich hinter mir her, und schlug die Tür meines Zimmers mit voller Kraft zu.
 
Die Wut, die mich die letzte Stunde erfasst hatte und einen unglaublichen Raum im Magen besetzt hatte, löste sich im Nu auf. Ich war alleine, hier, in diesem trostlosen Raum, allein gelassen mit meinem Schmerz.
 
Verzweifelt vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen, und versuchte vergeblich die Tränen zurückzuhalten. Ein Feuer in meinem Magen glühte auf und ließ mich vor Schmerzen aufjaulen. War das, das Feuer des Misslingens in der Liebe? War es das Feuer, das jede verletzte Frau in den Wahnsinn getrieben hatte?
 
Er hatte es getan. Er hatte es getan.
 
Das Bild der vorigen Stunde schwirrte in meinen Gedanken herum. Ich versuchte es zu löschen, in die letzte Schublade in meinem Hirn zu stecken, doch es gelang mir nicht. Es brannte sich in mein Gedächtnis ein und verursachte mir noch mehr Schmerzen.
 
Mit einer Hand rieb ich mir die Schläfe, mit der anderen umschlang ich meinen Bauch. Verbissen und starköpfig blinzelte ich die Tränen weg, die sich einen Weg aus meinem Auge bannen wollten. Nein. Nicht weinen. Zu diesem Höhepunkt durfte es nicht kommen.
 
Er war ein Mistkerl, ein Idiot. Er verdiente es nicht.
 
Und das schlimmste war immer noch, dass er meine Liebe des Lebens war und immer noch ist.
 
Ein Schluchzen kletterte meine Kehle herauf.
 
Er hatte mich betrogen. Mit meiner Erzfeindin, die mit ihrem Sieg triumphierte und in der gesamten Gegend herumprahlte.
 
Das Schluchzen verwandelte sich in einen Kloß der schwer in meinem Hals war. Es war Wut. Der Gedanke an ihr, rief in mir gewaltige, unerträgliche Wut hervor, sodass ich den Drang hatte zu schreien.
 
Ich ließ, die Körperteile los, die mich schmerzten und presste beide Hände gegen meinen Mund. Sie verschluckten die Schreie, es hörte sich an, wie ein hilfloses Wimmern.
 
Ich erschrak. Nein, ich würde nicht in Selbstmitleid versinken, bis es mich unter die Grenze gezogen hatte, sodass kein Ausweg mehr in Sicht war. Nein, nicht wegen einem Jungen.
 
Ein Teil meines Verstandes klärte sich und erholte sich von diesem Schock. Er versuchte Strategien zu entwickeln, den Schlag zurückzuschlagen.
 
Der andere Teil versuchte empört den Schmerz wieder siegen zu lassen, und den Tränen wieder Platz zu schaffen.
 
Doch dieser schrumpfte und schrumpfte, bis er nur mehr noch ein leiser Schrei in meinem Kopf war. So gut es ging, versuchte ich ihn zu ignorieren.
 
 
 
Entschlossen rappelte mich auf und klopfte mir den Staub von der Hose. Zitternd näherte ich mich meinem Badezimmer – es war Gott sei Dank in meinem Zimmer eingebaut - und hielt mich am Rande des Waschbeckens fest. Ausdruckslos starrte ich in den riesigen Spiegel, der direkt über das Becken gehängt war. Mein Ebenbild tat es mir gleich. Ich erschrak innerlich, über die dunklen Züge, die sich innerhalb weniger Zeit über mein Gesicht gelegt hatten. Härte und Wut zeichneten die Konturen nach und ließen mich schaudern. Ich wollte mich nicht, in ein kaltherziges Biest verwandeln. Nicht wegen zwei Menschen.
 
Geräuschlos drehte ich am Wasserhahn und kaltes Wasser spritze heraus. Gierig streckte ich meine Hand danach und ließ das Wasser meine Finger entlang fahren. Es tat gut, es kühlte ab.
 
Ohne jegliche Hast ließ ich das Wasser in meiner Handgrube fließen und warf es mir dann auf das Gesicht.
 
Deutlich kraftvoller stieß ich mich vom Becken und verließ wortlos das Zimmer. In meiner Hand war ein kleines Taschenmesser. Als meine Gedanken an meinem Plan streiften, zog sich ein höhnisches Grinsen auf meine Lippen.
 
Oh ja, Zac, deinen Schmerz wirst du kriegen.
 
 
 
Ich polterte die Treppen wieder hinunter, und zog den Blick von Sariera wieder auf mich. »Ich geh an die frische Luft«, murmelte ich und ignorierte ihre verwirrte, traurige Miene.
 
Nicht jetzt, Sariera.
 
Sie nickte bloß, als ich an ihr vorbeiging und spürte ihren Blick auf meinem Rücken.
 
Stumm öffnete ich die Tür. Ein Hauch von blumigem Duft umspielte meine Sinne und ich atmete ihn geschmeidig ein.
 
Ein zu schöner Tag, um Leute zu verletzen. Er hatte ihn sich ausgesucht. So etwas, nannte sich Pech.
 
Ich schritt den Kieselweg entlang, der von meinem Haus aus zur Straßen führte. Im Schutz eines Baumes parkte mein Mercedes. Sicher holte ich meine Schlüssel heraus und stieg ein.
 
Der Motor brummte auf und unterbrach die angenehme Frühlingsstille, die nur von Vögelgesang gefüllt war.
 
Während ich zielsicher zu seinem Haus fuhr, ging ich noch einmal mein Vorhaben durch. Es passte alles wie perfekt.
 
Sein Haus ragte schon von weitem heraus und schon bald erreichte ich es. Als ich ausstieg und mich ihm näherte, kamen die dummen Schmetterling in meinem Bauch wieder in sachter Bewegung. Meine Wut lag auf ihnen, drohte ihnen die kleinen Köpfe abzuschneiden.
 
Die Schritte unter verklangen bald, als ich auf Gras tänzelte. Die Halme schluckten sie, und setzten den Geräuschpegel auf null. Sehr gut, dann konnte ich mich unbemerkt heranschleichen. Theoretisch. Doch bei ihm, ging es nicht so recht, das wusste ich. Seine Sinne waren zu ausgeprägt.
 
Statt zum Haupttor zu maschieren, verwendete ich die Hintertür, die er immer geöffnet hatte. Nur ich wusste das. Sie lag auch ziemlich versteckt.
 
Ich trat ein. Ein Duft durchdrang mein Gehirn, sodass ich kurz davor war zurück zu taumeln. Sein unverkennbarer Duft. Mir schwirrte der Kopf, doch ich versuchte mich in der Fassung zu halten. Ich durfte mich von nichts und niemanden geschwächt fühlen.
 
Ich betrat die Treppen und wusste, dass mich schon alles verraten hatte. Mein Duft, mein Puls, meine Schritte. Ungerührt setzte ich den Weg fort. Ich gelang in ein riesiges Wohnzimmer, das mit bequemen Möbeln ausgestattet war. Er stand da. Langsam drehte er sich um und starrte mich unentwegt an.
 
Nach einer Sekunde des Zögerns, öffnete er den Mund um etwas zu sagen.
 
»Was machst du hier? «
 
Ich war mir sicher, dass meine Maske der Härte ihn erschrak, ihn verwirrte.
 
Ein bitteres Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus.
 
»Mir zurückholen, was du mir gestohlen hast. «
 
Forschend betrachtete ich sein Gesicht und beobachtete den Gefühlswechsel.
 
»Und das wäre? «
 
»Meinen Stolz. «
 
Er verzog das Gesicht.
 
»Meine Liebe«, fuhr ich unberührt weiter.
 
Der Schmerz der sich plötzlich auf seinem Gesicht aufzeichnete, ließ mein Vorhaben kurz Schwanken.
 
Ich hörte Schritte und wusste sofort, wer hier war.
 
Ashley. Sie, diese unvergoltene Ziege. Hass kämpfte sich meine Kehle empor, die Schreie die ich unterdrückt hatte, wollten raus.
 
Bemüht hielt ich sie zurück.
 
»Was machst du hier?«, fuhr sich mich zickig an und griff nach seinem, Zac´s Arm.
 
Ein Stich bohrte sich in mein Herz. Ich sollte diejenige sein, die ihn berührte.
 
»Das geht dich nichts an«, entgegnete ich unberührt und schritt auf Zac zu. Dieser blickte mich forschend an.
 
»Du hast mich wegen dieser Ziege verlassen und mir das Herz gebrochen. Da muss ich nicht um Erlaubnis bitten, euch auch das Herz zu brechen. Bei Ashley meine ich das BUCHSTÄBLICH«
 
Er erschrak. Er inhalierte die Wörter, die ich ihm gesagt hatte und wich vor mir zurück.
 
»Das kannst du nicht machen. «
 
Ich nickte bloß als Antwort.
 
Langsam kam mein blitzendes Messer zum Vorschein. Ashley, die gerade etwas sagen wollte, verstummte.
 
Lächelnd legte ich mir das Messer an die Pulsader an meiner Hand und war kurz davor, sie aufzuschneiden, als jemand meine Hand hielt.
 
»Vanessa, bitte tu es mir nicht an. Ich habe dir mein Geheimnis anvertraut, aber nicht, deswegen, dass du von mir verlangst dich umzubringen. Nein. «
 
Er schlug mir das Messer aus der Hand und schaute mir tief in die Augen.
 
Meine Gefühle überschlugen sich. Ich schluckte. Mein Plan war gescheitert. Verdammt.
 
Plötzlich spürte ich seine kalten Lippen auf meinen.
 
Ich vergaß zu atmen.
 
Ashley schnaubte neben mir und warf Zac die schrecklichsten Schimpfwörter auf den Kopf.
 
Als er sie ignorierte und mich weiter sanft küsste, düste sie wütend ab.
 
»Es ist aus zwischen uns«, schrie sich ihm noch nach, ehe die Tür hinter ins Schloss fiel.
 
Zac ließ mich augenblicklich los.
 
Benommen schaute ich ihn an. Die Wut war erneut verraucht. Doch diesmal war Hoffnung zu sehen.
 
»Ich habe alles nur getan, weil ich dich fernhalten wollte. Doch du bist sturr. Vanessa, wenn ich in deiner Nähe bin, bin ich gefährlich verdammt. Du weißt doch, dass ich ein ..«
 
Er hielt kurz inne ehe er fort fuhr.
 
»Ich liebe dich zu sehr, als den Gedanken immer bei mir zu haben, dich töten zu können. Sei doch so intelligent und halte Distanz. »
 
»Nein«, hauchte ich leise aber entschlossen.
 
Er seufzte.
 
»Dann eben nicht jetzt. Aber eines Tages, wenn es etwas passiert, würde ich es mir nicht verzeihen. »
 
»Du wirst nichts tun. «
 
Er machte eine müde abwerfende Handbewegung.
 
Statt ihm mir zu antworten, legten sich seine Lippen erneut auf meine. Die Schmetterlinge erwachten froh zum Leben und meine Hand war wie elektrisiert.
Da stand ich nun, meinen Lieblingsvampiren umschlungen…
 
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